Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) blickt als bundeszentrale Struktur auf die Diskussion und setzt die Kinderrechte auf Schutz, Befähigung und Teilhabe auf Grundlage des Jugendschutzgesetzes, des Digital Services Act und des Digitale-Dienstes-Gesetzes um.
„Viele Eltern haben Sorge, dass Kinder und Jugendliche im Internet nicht ausreichend geschützt sind. Diese Sorge nehmen wir in der BzKJ ernst und sehen auch die Risiken, mit denen junge Menschen in sozialen Netzwerken konfrontiert sind. Gleichzeitig stellen Online-Medien für Heranwachsende wichtige Erfahrungs- und Orientierungsräume dar. Diese Räume müssen daher zwingend so gestaltet werden, dass Kinder und Jugendliche vor Gefahren wie sexualisierter Gewalt, Hass, Hetze und Desinformation konsequent geschützt werden. Das passiert derzeit unzureichend. Es gibt große Handlungsbedarfe und wir müssen die Anbieter stärker in die Pflicht nehmen. Zudem braucht es ein ganzheitliches Zusammenwirken aus Medienbildung, wirksamen Altersüberprüfungen und angemessenen Vorsorgemaßnahmen“,
so Sebastian Gutknecht, Direktor der BzKJ.
„Ja“ zu einer gesetzlichen Altersgrenze
Unter der Fragestellung „Altersgrenzen für Social Media?“ spricht sich Professorin Dr. Eva Möhler, Chefärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, im ersten Schwerpunktbeitrag für eine feste Altersgrenze aus, um sowohl die mentale als auch die körperliche Gesundheit von jungen Menschen zu schützen. Gleichzeitig würden Altersgrenzen aus ihrer Sicht Sorgeberechtigten einen gesetzlichen Rahmen und damit mehr erzieherische Sicherheit sowie Orientierung bieten.
Perspektive aus der schulpädagogischen Praxis
Silke Müller, Schulleiterin und erste Digitalbotschafterin Niedersachsens, argumentiert im zweiten Schwerpunktbeitrag ebenso für eine klare Social-Media-Altersgrenze. Zudem sieht sie dringenden Handlungsbedarf im Bildungssektor. Es bräuchte aus ihrer Sicht eine bessere medienpädagogische Ausbildung von Fachkräften und Lehrpersonal, Medienkompetenzförderung müsse zudem auf den Stundenplan gesetzt werden.
Perspektive der Medienpädagogik
Im dritten Schwerpunktbeitrag zeigen Dr. Friederike von Gross, Professor Dr. Eik-Henning Tappe und André Weßel von der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur e. V. auf, warum Verbote aus medienpädagogischer Sicht nicht zielführend seien und welche Auswirkungen diese für die Entwicklung und Medienbildung junger Menschen bedeuten könnten. Starre Altersgrenzen könnten beispielsweise verhindern, dass Kinder früh lernen, Medien kritisch und reflektiert zu nutzen, was wiederum ihrer Befähigung und Teilhabe entgegenstünde. Die Autorin und Autoren sprechen sich für einen altersgemäßen, selbstbestimmten und diskriminierungsfreien Medienzugang in dafür konzipierten Schutzräumen aus.
Altersgrenzen für Social Media aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen
Jutta Croll von der Stiftung Digitale Chancen rahmt im vierten Schwerpunktbeitrag das Thema zunächst aus kinderrechtlicher Perspektive. Sie macht deutlich, dass der Ausschluss junger Menschen von der Social-Media-Nutzung einen Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention darstelle. Dabei könnten die Plattformen aus ihrer Sicht so gestaltet werden, dass die Kinderrechte auf Schutz, Befähigung und Teilhabe auch im digitalen Raum volle Wirkung entfalten würden.
Das anschließende Interview mit den BzKJ-Beiratsjugendlichen Anais Böhme (16) und Yunus Roschlau (14) gibt Einblicke, wie Jugendliche zur Debatte stehen, welche Erfahrungen sie auf den Plattformen machen und was es aus ihrer Sicht braucht, damit sie digitale Räume sicher nutzen können. Sie wiegen ab, welche Chancen und Risiken sich aus ihrer Sicht durch die Nutzung sozialer Netzwerke ergeben. Sie plädieren für mehr Anbietervorsorge, Aufklärung und Prävention.
Perspektive der Medienregulierung – Die KidD im Einsatz für sichere und altersgerechte Online-Angebote
Im fünften Schwerpunktbeitrag erläutert die Stelle zur Durchsetzung von Kinderrechten in digitalen Diensten (KidD) aus medienregulatorischer Perspektive, warum der europäische Digital Services Act in der Diskussion um Altersgrenzen für den deutschen Kinder- und Jugendmedienschutz maßgeblich ist und wie sich die KidD für sichere und altersgerechte Online-Angebote einsetzt. Aus ihrer Sicht dürfte eine nationale gesetzliche Verpflichtung für Altersgrenzen auf Online-Plattformen mit dem Europarecht kaum vereinbar sein.
Datensparsame Altersverifikation
In der Rubrik „Wissenswert“ stellen York Yannikos und Martin Steinebach vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie eine im Auftrag des Bundesfamilienministeriums entwickelte Methode zur sicheren und datensparsamen Altersverifikation vor. Bei dem vorgestellten Ansatz wird nicht das konkrete Alter überprüft. Personen können stattdessen bestätigen beziehungsweise verifizieren lassen, dass sie einer gewissen Altersgruppe angehören, ohne dabei weitere persönliche Daten an den Dienst zu übermitteln.
Spruchpraxis der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien: Jugendgefährdende Botschaften im Gangsta-Rap
Der Beitrag in der Rubrik „Spruchpraxis“ gibt Einblicke in die Spruchpraxis der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien zu jugendgefährdenden Botschaften im Bereich Gangsta-Rap. Bei der Bewertung im Hinblick auf eine potenzielle Indizierung beachtet das Gremium grundsätzlich die genretypischen Merkmale des Gangsta-Raps. Unter anderem können diese trotz Aggressivität in Gesang und Sprache auch geeignet sein, eine Jugendgefährdung auszuschließen. Jugendliche sind beispielsweise durchaus in der Lage, diese Stilmittel zu erkennen. Zu einer Indizierung kann es hingegen kommen, wenn zum Beispiel diskriminierend eingeordnete Äußerungen ein über das übliche Maß an Provokation in der Rap-Musik hinausgehen. Rapper haben in dem sehr jugendaffinen Genre zudem häufig eine Vorbildrolle inne, wodurch gefährdungsgeneigte Jugendliche Gefahr laufen könnten, die in den Texten beschriebenen Werte zu internalisieren.
Aus der ZUKUNFTSWERKSTATT
Die Rubrik „ZUKUNFTSWERKSTATT“ berichtet über zwei jüngst stattgefundene Veranstaltungen im Themenschwerpunkt „Sexuelle Gewalt und Belästigung im digitalen Raum“ sowie über die konstituierende Sitzung des BzKJ-Beirats in seiner zweiten Amtsperiode. Eine Besonderheit stellt auch in der zweiten Amtsperiode die gesetzlich verankerte Jugendbeteiligung dar. Mit Beginn der neuen Amtsperiode im März 2025 wurden neben Vertretenden des Kinder- und Jugendmedienschutzes und angrenzender Bereiche erneut vier Jugendliche in das Gremium berufen.
Privatpersonen können Einzelhefte sowie ein Jahresabonnement der BzKJAKTUELL als Print- und / oder als Digitalausgabe erwerben. Weitere Informationen zur Fachzeitschrift und zu den Bezugsmöglichkeiten stehen ebenfalls im Servicebereich auf der Website der BzKJ zur Verfügung.
Über die BzKJAKTUELL
Die Fachzeitschrift BzKJAKTUELL wird von der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) herausgegeben. Sie enthält den öffentlichen Listenteil der aktuellen Indizierungen von Filmwerken, Spielen, Schriftwerken, Tonwerken und Multimediawerken. Im redaktionellen Teil bietet sie mit Fachbeiträgen aus Praxis, Wissenschaft und Politik ein offenes Diskussionsforum für das breite Spektrum kinder- und jugendmedienschutzrelevanter Themen, Entwicklungen und Haltungen.