BzKJAKTUELL 3/2025

Islamistische Inhalte und Ansprachen im digitalen Raum: Kanäle, Strategien und jugendkulturelle Anknüpfungspunkte

Unter anderem durch den Nahostkonflikt rücken Themen wie Radikalisierung im islamistischen Kontext erneut in den Fokus – dieser Konflikt polarisiert und kann radikalisierende Ansprache begünstigen. In der Hochphase der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in den 2010er-Jahren erlebte das Phänomen eine Phase intensiver Aufmerksamkeit. Neben den Themen haben sich in diesem Bereich auch die Kommunikationsstrategien maßgeblich geändert.

„Statt langer YouTube-Predigten genügen heute oft wenige Sekunden in Reels oder TikTok-Videos, um zentrale Ideologien zu verbreiten: Demokratiefeindlichkeit, ein dualistisches Weltbild mit klaren Freund-Feind-Zuschreibungen, Verschwörungserzählungen, Antisemitismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Gewaltverherrlichung – gerade für Kinder und Jugendliche sind solche Inhalte gefährlich. Sie treffen sie in einer Lebensphase, in der Identität, Zugehörigkeit und Weltverständnis noch formbar sind“, 

so Sebastian Gutknecht, Direktor der Bundeszentrale für Kinder und Jugendmedienschutz (BzKJ).

Die BzKJ begegnet diesen Strategien als bundeszentrale Struktur mit der ganzen Bandbreite ihres Instrumentariums: mit der Indizierung jugendgefährdender Inhalte, der Aufsicht über anbieterseitige Schutzmaßnahmen und der Aufklärung von Eltern, Fachkräften und Öffentlichkeit.

Gast-Editorial der Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Bundesjugendministerin Karin Prien unterstreicht in ihrem Vorwort, wie wichtig es ist, Kinder und Jugendliche vor extremistischen Inhalten zu schützen. Zugleich setzt sie sich dafür ein, dass junge Menschen ihre Rechte in einer digitalen Welt mit Vielfalt und gegenseitigem Respekt wahrnehmen können. Hierzu bedürfe es der Schaffung von attraktiven Medienangeboten, der Vermittlung von Medienkompetenz und einer aufmerksamen Medienbegleitung durch Eltern und pädagogische Fachkräfte.

Sie unterstreicht zudem die Verantwortung der Plattformbetreiber, den Schutz von Kindern und Jugendlichen in ihren Angeboten konsequent sicherzustellen. Der europäische Digital Services Act setze hier klare Maßstäbe und müsse von den Anbietern umgesetzt werden.

Islamistische Inhalte und Ansprachen in sozialen Medien

Isabell Binzer und Dr. Bernd Zywietz von jugendschutz.net geben im ersten Schwerpunktbeitrag einen Überblick über aktuelle islamistische Erscheinungs- und Anspracheformen in sozialen Medien. Sie erklären, was Islamismus ist, zeigen Muster und Strategien auf, wie sich die Kommunikation von islamistischen Akteurinnen und Akteuren verändert hat und diskutieren aktuelle Herausforderungen in der Präventionsarbeit.

Antifeministische und LGBTIQ*-feindliche Narrative in islamistischen Online-Angeboten

Im zweiten Schwerpunktbeitrag stellt Canan Korucu von ufuq.de Erkenntnisse einer Inhaltsanalyse von islamistischen Online-Kanälen vor. Anhand von ausgewählten Beispielen zeigt sie auf, wie islamistische Akteurinnen und Akteure antifeministische und LGBTIQ*-feindliche Narrative nutzen, um rigide Geschlechterrollen zu legitimieren und welche Wirkung diese Ansprache auf junge Menschen haben kann.

Islamismus in digitaler Spielekultur

Constantin Winkler vom Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung geht im dritten Schwerpunktbeitrag der Frage nach, wie islamistische Akteurinnen und Akteure digitale Spiele und gamingnahe Plattformen zur Anwerbung von Jugendlichen nutzen. Er ist der Auffassung, dass ein Dialog zwischen Spieleindustrie, Medien, Pädagogik, Forschung und Spielenden hilfreich wäre, um zukünftig gemeinsame Strategien gegen Radikalisierungsprozesse in Spielen zu erarbeiten.

streetwork@online: Erfahrungen und Perspektiven der Online-Islamismus-Prävention

In der Rubrik „Wissenswert“ stellen Annika Scheeres und Samira Tabti vom Thomasius Research Institute on Political Extremism (TPX) das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geförderte Projekt streetwork@online vor. Das Projekt verfolgt das Ziel, junge Menschen, die mit extremistischen Inhalten konfrontiert werden und sich in risikobehafteten Lebenslagen befinden, in ihren digitalen Lebensräumen anzutreffen. Dadurch soll ihnen ein proaktives und transparentes Gesprächsangebot eröffnet sowie Offline-Hilfsangebote angeboten werden.

First-Person-Shooter als Rekrutierungswerkzeug zur extremistischen Ansprache von Kindern und Jugendlichen

Der Beitrag in der Rubrik „Spruchpraxis“ gibt Einblicke in die Spruchpraxis der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien im Bereich extremistischer Ansprache von Kindern und Jugendlichen durch Online-Spiele. Anhand eines indizierten YouTube-Kanals, der diverse Trailer und Gameplay-Videos zur Bewerbung eines First-Person-Shooters zeigt und vorrangig auf eine junge Zielgruppe ausgerichtet ist, wird gezeigt, warum die zum Teil cartoon-artigen Darstellungsweisen in den Spielen beziehungsweise der YouTube-Videos keine relativierende Wirkung haben und es zur Indizierung kam.

Aus der ZUKUNFTSWERKSTATT

Der Beitrag in der Rubrik „ZUKUNFTSWERKSTATT“ berichtet unter anderem über eine von der BzKJ ausgerichtete Veranstaltung bei den Jugendpolitiktagen 2025 zum Thema „Deine Rechte im digitalen Raum“ sowie über die Teilnahme der jugendlichen BzKJ-Beiratsmitglieder bei einem Workshop der Europäischen Kommission in Brüssel zur Ausgestaltung der Leitlinien zu Artikel 28 Absatz 1 Digital Services Act.

Die redaktionellen Beiträge der BzKJAKTUELL 3/2025 finden Sie im Servicebereich auf der Website der BzKJ. 

Privatpersonen können Einzelhefte sowie ein Jahresabonnement der BzKJAKTUELL als Print- und / oder als Digitalausgabe erwerben. Weitere Informationen zur Fachzeitschrift und zu den Bezugsmöglichkeiten stehen ebenfalls im Servicebereich auf der Website der BzKJ zur Verfügung.

Über die BzKJAKTUELL

Die Fachzeitschrift BzKJAKTUELL wird von der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) herausgegeben. Sie enthält den öffentlichen Listenteil der aktuellen Indizierungen von Filmwerken, Spielen, Schriftwerken, Tonwerken und Multimediawerken. Im redaktionellen Teil bietet sie mit Fachbeiträgen aus Praxis, Wissenschaft und Politik ein offenes Diskussionsforum für das breite Spektrum kinder- und jugendmedienschutzrelevanter Themen, Entwicklungen und Haltungen.